Stay with me – Bleib bei mir
Davor und auch danach starben viele Menschen, wurden getötet. Kriege sind nicht zu Ende und werden es niemals sein.
Kriegsrecht, nicht zu rechtfertigende Hinrichtungen, Militärregierungen, Völkermorde … Wirklich, was hat uns in jenen Zeiten am Leben gehalten … Wie haben wir das, was passiert ist, gesehen? Was haben wir gesehen? Oder konnten wir überhaupt sehen? Wenn wir nicht mehr in der Lage waren zu sehen, was hat uns erblinden lassen? Vielleicht haben wir uns an vieles gewöhnt, sind immun gegen alles geworden.
Vielleicht sind wir abgestumpft, weil wir jede Nacht die “Live-Berichterstattung” verfolgt haben. Ja, wahrscheinlich haben wir deshalb so oft durch die Kanäle geschaltet und anderen Träumen erlaubt, uns in ihren Bann zu ziehen. Ja, das war das Vergessen, und wir haben gelernt zu vergessen.
Ich kehre zur ersten Frage zurück: Was war es? Was ist passiert? Kennen wir die Antwort?
In jedem Augenblick geschah so viel, dass der Satz zu unserer eigenen Täuschung feststand. Aber wir konnten einfach nicht mithalten.
An einem Punkt, als wir einfach nur da standen, begann “etwas” anderes. Wir waren auf den Straßen. Seite an Seite. Wir kannten uns nicht einmal, aber wir standen Seite an Seite. Wir waren dort. Wir haben gelernt, unsere Türen offen zu halten, Eimer voll Wasser vor die Wohnung zu stellen und im Falle einer Festnahme ein Dokument mit unseren Rechten an der Wohnungstür zu hinterlassen. Wir twitterten uns gegenseitig die Situation aus jeder Straße, die wir passierten.
Es war Hoffnung. Der Geist der Solidarität, die Herausforderung, Seite an Seite zu stehen.
Dann … Nichts hat sich geändert. Wir zogen uns von der Aussenwelt zurück.
Jetzt sind wir müde.
Ist es möglich, sich an diese Hoffnung noch einmal zu erinnern?
Wir müssen irgendwo anfangen …
Das Projekt “Stay with me” setzt hier an und verbindet Notizen, Dokumentation und Zeichnung, um mit der Assoziation dieser Erzählungen die Hoffnung, die wir hatten, wiederaufleben zu lassen.
Der Titel “Stay with me” beschreibt die letzte Anstrengung, wenn die Hoffnung schwindet: “Halte durch, gib nicht auf.” Es wurde ein Slogan, ein Ausdruck für eine kollektive Anstrengung, in die jeder involviert ist und bei der alle gemeinsam durchhalten.
Das Projekt “Stay with me” zeigt Notizbücher von 84 Teilnehmer_innen, in denen die grenzenlose Angst, die Unsicherheit, die Existenz im Verborgenen aber auch die Hoffnung, die Wirklichkeit, die Zukunft und eben die “Augenblicke” zum Vorschein kommen.
Selda Asal
Teilnehmer_Innen:
Ali Miharbi, Anti-Pop, Aslı Çavuşoğlu, Ayşe Küçük, Azra Deniz Okyay, Balca Ergener-Meltem Ahıska, Berkay Tuncay, Christine Kriegerowski, Çiğdem Hasanoğlu, Devrim Ck, Devrim Karabeyoğlu, Didem Erk, Eda Gecikmez, Ekin Saçlıoğlu, Elif Çelebi, Elmas Deniz, Endam Acar, Erdağ Aksel, Erdem Helvacıoğlu, Erhan Öze, Eser Selen, Fatih Aydoğdu, Fatma Belkıs, Fatma Çiftçi, Ferhat Özgür, Figen Aydıntaşbaş, Fulya Çetin, Genco Gülan, Gökçe Süvari, Gökhan Deniz, Göksu Kunak, Gonca Sezer, Gözde İlkin, Gül Kozacıoğlu, Gülçin Aksoy, Gümüş Özdeş, Güneş Savaş, Güneş Terkol, Hale Tenger, Hubert Sommerauer, İlhan Sayın, Inci Furni, İpek Duben, Komet, Lebriz Rona, Leyla Gediz, Melike Kılıç, Merve Çanakçı, Merve Şendil, Mischa Rescka, Murat Tosyalı, Nalan Yırtmaç, Nancy Atakan, Nazım Dikbaş, Neriman Polat, Nurcan Gündoğan, Onur Ceritoğlu, Onur Gökmen, Özge Enginöz, Özgür Atlagan - Bengi Güldoğan, Özgür Demirci, Özgür Erkök Moroder, Raziye Kubat, Rülçhan Şahinoğlu, Sabine Küper Büsch - Thomas Büsch, Şafak Çatalbaş, Seçil Yersel
Projektart:
Ausstellung
Ort:
Istanbul
Jahr:
2014, 2015